De Living

„De Living“ stellt die letzte Stunde im Leben eines Menschen dar. Die Aufführung beginnt damit, dass eine Frau in ihr Wohnzimmer zurückkehrt und endet damit, dass sie Selbstmord begeht. Oder ist es umgekehrt?

Antigone, Ophelia, Hedda Gabler – in der Theatergeschichte sind weibliche Charaktere, die Selbstmord begehen, immer rebellisch und betrübt zugleich. Doch die Schönheit dieser Haltung kann nur in ihren toten Körpern zum Ausdruck kommen. Das Publikum weiß von Anfang an, dass der Protagonist im letzten Akt sterben wird, aber wir schauen uns die Vorstellung trotzdem an. An das Gefühl der Unausweichlichkeit gewöhnt, beobachten wir gebannt, wie der Tod naht. Indem wir diese Szenen immer wieder miterleben, erleben wir alle Facetten politischer und existenzieller Hingabe und Ohnmacht. Aber gibt es einen Ausweg? Können wir der fatalen Abfolge der Ereignisse entkommen?De Living zeigt die letzte Szene, bevor sich eine Frau das Leben nimmt. Wir sehen ihre letzten Gesten, den Versuch, die Normalität aufrechtzuerhalten, einen Moment der Entschlossenheit, dann das Zögern, einen Lebenswillen, der zum Schweigen gebracht werden muss, und die plötzliche Panik angesichts eines unkontrollierten Todes. Im Gegensatz zu den klassischen Tragödien weiß der Zuschauer in der Schlussszene nicht, was die Frau in den Selbstmord treibt. Über ihre Vergangenheit können sie nur spekulieren. Eine unglückliche Liebesbeziehung, könnte man erwarten. Kann sie dem anhaltenden Druck der Gesellschaft vielleicht nicht standhalten? Oder erzählt die letzte Szene im Leben einer Frau weniger über das individuelle Schicksal als vielmehr über die tragische Erfahrung der Menschheit in einer dystopischen, aber dennoch nahen Zukunft?

Fotoaufnahmen: Birgit Hupfeld

Zeitraum

11. Juni 2019 – 31. Januar 2020